Die Bedeutung der Falkenjagd in Triesdorf

Ansbach Die Falkenjagd des Markgrafen Carl Wilhelm Friedrich von Brandenburg Ansbach

„Den 29. July [1730] hielten sich ihro mayestet in Triesdorff annoch auff, funden den orth selbst wegen situation und der plantagen sehr angenehm. Divertierten sich nachmittag mit der falckenbeitz, aber nur dem herrn marggraffen von Anspach zu gefallen, als welcher sich in diese jagd so verliebet, daß er selbst einen falckenmeister mit abgibt und den vogel auf der hand führet.“

Das schreibt Friedrich Heinrich Graf von Seckendorff-Gutend, der kaiserliche Gesandte, über Markgraf Carl Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach an seinen Auftraggeber Kaiser Carl VI. von Habsburg nach Wien, als dieser König Friedrich Wilhelm I. in Preußen auf seiner Reise nach Süd- und Westdeutschland samt Entourage begleitete.
Bildlich festgehalten ist dieses Ereignis auf der bedeutenden Teetischplatte, eine Ansbacher Fayence der Grünen Familie, welche heute im Keramikmuseum Ludwigsburg – untergebracht im Neuen Corps des Logis des Schlosses – ein eher unscheinbares Schicksal fristet.
Es ist wahrscheinlich, dass Markgraf Carl seinem Hausmaler den Auftrag erteilte, anlässlich des Besuchs des frisch vermählten Herzogs Carl Eugen von Württemberg, ihm dieses Geschenk zu machen. Und dies 14 Jahre nach dem Ereignis.

Markgraf Carl bot seinen Besuchern mit der Präsentation der Falkenjagd in Triesdorf ein großartiges und denkwürdiges Ereignis.
Und diese waren damit offenbar wenig vertraut. Sie kannten nicht die Beschreibung der Falkenjagd des byzantinischen Kaisers Manuel I.  Komnenos (1143-1180). Und doch inszenierte der Ansbacher Markgraf zu Ehren seines Schwiegervaters dieses großartige Schauspiel, um zu zeigen, wer er ist und was er kann.

Er wollte seinen Standpunkt klar machen. Schließlich war er selbst Reichsfürst und wollte sich nicht dem preußischen König unterwerfen.
Mochte der König auch Schwiegervater und Gläubiger sein und der Markgraf Vollwaise, gerade volljährig und hoch verschuldet. Es war nicht der Markgraf selbst, der das Fürstentum an den Rand der Insolvenz trieb, vielmehr übernahm er das Markgrafentum Brandenburg-Ansbach von seiner Mutter Christiane Charlotte in finanziell äußerst desolatem Zustand. Schon sie begann mit dem Programm des Wirtschaftswachstums, war doch schließlich Wachstum das Konzept der Aufklärung.

Markgraf Carl war Unternehmer, investierte das Darlehen seines Schwiegervaters in seine diversen Projekte und benutzte die Falkenjagd, um sich im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation bekanntzumachen und zu positionieren.
Bei dieser Vorstellung dabei war übrigens auch der Neffe des Grafen Seckendorff, Christoph Ludwig von Seckendorff-Aberdar, der später der Projekte Macher des Markgrafen werden sollte.
Dass die Falknerei nicht lediglich sein privates Vergnügen war, welches Unsummen verschlang, also Sport, sondern auch ein Unternehmen war, welches Geld einspielen sollte, also Investition, soll hier lediglich als These aufgestellt sein.

Im Triesdorfer Heft Nr. 10 des Vereins der Freunde Triesdorf und Umgebung e. V. nähern sich eingängig Werner Mühlhäußer, Arno Störkel und Wolfgang Wüst dieser Frage aus unterschiedlichen Richtungen.
Jedenfalls bot die Falknerei (und das Gestüt) vielen Menschen Arbeit und gab diesen neue Hoffnung, wie eine exemplarische Untersuchung beim Bau des Pfarrhauses in Weidenbach 1740/41 zeigt. Diese Politik des schuldenbasierten Wirtschaftswachstums hält bis heute an. Dass Markgraf Carl letztlich mit seiner Politik insgesamt scheiterte, ist eine Tatsache. Allerdings: Scheitern kann nur, wer Pläne hat.

Seit 2016 gehört die Falkenjagd zum immateriellen Weltkulturerbe der UNESCO. In dem dafür ausschlaggebenden Gutachten, welches die Republik Österreich einreichte und die Jagdexpertin Sigrid Schwenk schrieb, wird jedenfalls auf den Beitrag des Ansbacher Markgrafen Carl Wilhelm Friedrich zur Falkenjagd ausdrücklich hingewiesen..

Ansbachische Kammermusik

holländische Karte des Fürstentums Ansbach|Amsterdam 1791

TRIESDORF/KIRCHBERG an der Jagst – Die beiden Fürstentümer Ansbach und Bayreuth wurden ab 1769 durch den Markgrafen Alexander gemeinsam regiert. So kam die ehemalige bayreuthische Hofkapelle nach Ansbach und füllte die dort bereits vorhandene Hofkapelle kräftig auf.
In Ansbach wirkten bedeutende Komponisten wie Jakob Friedrich Kleinknecht und Andreas Gottlob Schwarz. Heute ist die großartige markgräflich-ansbachische Musiktradition nahezu vergessen.

Zum einen lenkt der Ruhm von Johann Sebastian Bach – der niemals in Ansbach weilte – und die ihm zu Ehren auch 2019 stattfindende Ansbacher Bachwoche die musikalische Aufmerksamkeit Richtung Köthen und Leipzig. Zum anderen hat die Dissertation über den Ansbacher Markgrafen Alexander von Arno Störkel weiterhin gehörigen Einfluss.

Dieser hätte, so Störkel, das Ansbacher Musikleben eher als gering eingeschätzt. Er schreibt: „Das Ansbacher Musikleben erfuhr erst durch die Bayreuther Erbschaft einen Aufschwung, als die dortige Hof-Capell- und Cammer-Music durch den Markgrafen übernommen wurde, doch eine Rückkehr zu den Tagen des späten 17. Jahrhunderts, als Ansbach einer der führenden Höfe Deutschlands in dieser Hinsicht gewesen war, sollte es nicht geben.
Alexander, der das Cello mit nicht geringer Fertigkeit spielte, hatte offenbar kein intensives Interesse an musikalischen Veranstaltungen; in den achtziger Jahren [1780er] war die Konzerttätigkeit am Hof mehr oder weniger eingeschlafen.“

Dabei bezieht sich Arno Störkel auf eine Aussage von C. L. Junker, der 1785 schreibt: „Das einzige Konzert, das in Ansbach noch überhaupt und beinahe ausschließungsweise gehalten wird, ist in dem Hause des Herrn Ministers von Benkendorf, dieses redlichen, altdeutschen, ganz warmen, ganz gefühlvollen Mannes für die Tonkunst.
In seinem Hause versammeln sich allemal über den anderen Tag die Glieder der fürstlichen Kapelle in freundschaftlicher Vertraulichkeit“. Tatsächlich bezieht sich diese Einschätzung lediglich auf die Konzerttätigkeit in Ansbach, nicht auf die Musiktätigkeit insgesamt.

Da sich der Ansbacher Hof aber „beständig in Triesdorf“ aufhält, wie es der gebürtige Gunzenhäuser Norbert von Grund schreibt, spielt die Musik nicht in Ansbach, sondern in Triesdorf. Während also die Hofkapelle in Ansbach sich private Auftraggeber suchen musste, erklang die Kammermusik in Triesdorf im Staatsauftrag.

Dass die Ansbacher Hofkapelle darüber hinaus als bedeutend eingestuft werden muss, zeigt die Aufnahme in den Musikalischen Almanach des Musiktheoretikers Johann Nikolaus Forkel im Jahr 1782. Tatsächlich wird die Ansbachische Staatskapelle dort in das „Verzeichniß des besten Kapellen deutscher Höfe“ aufgenommen, wie Christian Ahrens in seiner Dissertation über die Hofkapelle Gotha feststellt. „Auch in Relation zu den Kapellen in Regensburg und Ansbach schneidet die in Gotha nicht schlecht ab.“ (Ahrens). Über die Hofkapelle Ansbach steht eine wissenschaftliche Aufnahme hingegen noch aus.

Markgraf Alexander ließ sich von seinem Hofbauinspektor Johann David Steingruber erst das alte Falkenhaus in Triesdorf zu seinem Wohnsitz umbauen, später dann sogar erheblich erweitern.
Es wird also tatsächlich zum Roten Schloss.
In der Bel Etage wird ein Festsaal eingerichtet: Somit wird Platz geschaffen für kammermusikalische Konzerte. Der Bezirk Mittelfranken hat in den letzten Jahren dieses markgräfliche Schloss renoviert, der Festsaal soll künftig nach den Aussagen des Leiters der Landwirtschaftlichen Lehranstalten Triesdorf, Otto Körner, als besonderer Konferenzsaal dienen.

Die Dissertation von Adelheid Krause-Pichler über Jakob Friedrich Kleinknecht (1722-1794) weist eine Vielzahl von Kompositionen aus dessen Ansbacher Zeit auf – Sinfonien, Konzerte und Trio-Komposition -, die sich freilich in der Mehrzahl nicht erhalten haben. Ebenfalls am Ansbacher Hof wirkte seit 1776 der Fagottist Andreas Gottlob Schwarz. Von ihm gab in den Jahren 2012 und 2014 der Münchener Fagottist und Musikwissenschaftler Hans-Peter Vogel zwei Sonaten für Fagott und Violoncello und das Konzert F-Dur für Fagott und Orchester heraus.

Damit das kulturelle Leben in Triesdorf wieder mehr an Fahrt gewinnt, lädt Markgraf Alexander die anerkannte Schriftstellerin und Dramatikerin Lady Elizabeth Craven aus Paris nach Ansbach ein, um in Ansbach und Triesdorf als Kulturmanagerin zu wirken.

Tatsächlich erscheint sie 1787 und inszeniert sogleich eine Oper unter freiem Himmel im Heckentheater zu Triesdorf.
Dazu spielt die Hofkapelle Ansbach: „Nach 8 Uhr begann der Anfang mit Trompeten und Pauken, und einer hinreissenden Musik von Künstlern, deren Vorzüge in Ihren artistischen Miscellaneen schon mehr als einmal gerühmt worden sind“.

Und der Ansbacher Hofdichter Johann Peter Uz muss ein Gedicht beisteuern, welches sogar als Arie gesungen wird:

„Unser Landesvater jagt,
Wie die Edlen pflegen,
Doch des Volkes Liebe zagt
Seinen Fürsten wegen.
Huldreich strahlt sein Angesicht,
Und wie Gottes Sonne
Ist es auch der Armen Licht/
Und verbreitet Wonne.
Helfen will er jedem gern,
Keinen gern betrüben,
Diesen lieben, guten Herrn,
Wer sollt’ ihn nicht lieben.“

(zitiert nach Renate Schusky).

Wer ansbachische Musik von Kleinknecht und Schwarz tatsächlich erleben möchte, dem bietet sich eine seltene Gelegenheit beim Hohenloher Kultursommer 2019. Ansbachische Kammermusik erklingt am Samstag, 31. August 2019 auf Schloss Kirchberg. Beginn um 18 Uhr.