Aufsatzbesprechung: Johann Sigmund Strebel und seine Lehrschrift für den Erbprinzen Alexander

Porträt von Markgraf Alexander von Ansbach-Bayreuth aus dem neuen Kurhaus von Bad Alexandersbad. Tatsächlich hatte der Fürst einen Sinn für Ökonomie. Als Erbprinz hatte er im sehr fortschrittlichen Holland die Politik des Wirtschaftswachstums kennengelernt. Um den wirtschaftlichen Aufschwung des ehemaligen Kurbades Sichersreuth zu forcieren, wurde dort ein Kurhaus gebaut und das Bad nach ihm umbenannt. Das alte Kurhaus heißt heute Markgräfliches Schloss.
 

ANSBACH – „Von der nothwendigkeit und dem nutzen der erkenntnuß eines landes überhaupt“ ist der Titel eines Aufsatzes von Andreas Rutz in der Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 2019 Band 82 [Heft 2].

Der Untertitel verrät etwas mehr: Johann Sigmund Strebel und die Prinzenerziehung in Brandenburg-Ansbach um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Tatsächlich geht es in dem Beitrag um die Inhalte des Ausbildungsprogramm für den Erbprinzen Alexander von Brandenburg-Ansbach, welches von dem markgräflichen Bibliothekar und Archivar erstellt wurde. Dabei geht der Aufsatz auf einen Vortrag zurück, den der Autor am 11.02.2016 an der Universität Bayreuth gehalten hat. Für die Drucklegung wurde das Manuskript mit einem umfangreichen Quellenapparat versehen und aktualisiert.

Gegenstand des Artikels ist die knapp 300 Seiten umfassende Landesbeschreibung des Fürstentums Ansbach mit dem Titel „Anleitung zur nöthigen Kenntnuß von der wahren und archivmäßigen Beschaffenheit des Hochlöblichen Fürstenthums Brandenburg-Onolzbach oder Burggrafthums Nürnberg unterhalb Gebürgs zum Gebrauch des Durchlauchigsten Erb-Prinzen“, welche heute im Staatsarchiv Nürnberg aufbewahrt wird. Autor der Lehrschrift ist Johann Sigmund Strebel.
Er erhielt den Auftrag dafür vom Markgrafen Carl, der offensichtlich mit dem Wissenstand nach dem Studium in den Generalstaaten seinen Sohnes Alexanders unzufrieden war. „Ziel seines Vaters war es, dem Fünfzehnjähigen nach den sehr allgemeinen Studien in den Niederlanden eine dezidiert auf die künftigen Aufgaben im Lande zugeschnittene Ausbildung zukommen zu lassen, und genau zu diesem Zweck diente die Anleitung.“ (S. 482).

Zwar diente die Anleitung zur Prinzenerziehung, Strebel war aber nicht Alexanders Prinzenerzieher. „Als Erzieher des 1736 geborenen Erbprinzen Karl Alexander fungierte Stebel nicht, verfasste für den Fünfzehnjährigen aber 1751 die Anleitung zur nöthigen Kenntnuß von der wahren und archivmäßigen Beschaffenheit des Hochlöblichen Fürstenthums Brandenburg-Onolzbach oder Burggrafthums Nürnberg unterhalb Gebürgs.“ (S. 486).

Wenn Strebel jetzt aber nicht der Prinzenerzieher war, wie kann nun seine Anleitung einen zentralen Bestandteil der Prinzenerziehung eingenommen haben? Tatsächlich wird dies aber in dem Beitrag unterstellt: „Bemerkenswert ist, dass Fragen von Infrastruktur und Ökonomie, deren Berücksichtigung Strebel mit Blick auf das Genre der Landesbeschreibung durchaus als wichtig erkannt hatte, bei dieser Zielsetzung völlig aus dem Blick geraten und in der Anleitung letztlich nur eine sehr untergeordnete Rolle spielen.“ (S. 494) Hat jetzt der Erbprinz diese Lehrschrift studiert oder nicht?

Laut des Autoren existiert in der Schlossbibliothek Ansbach (Staatliche Bibliothek) eine Abschrift mit dem Titel „Beschreibung des Ober-Amts Onolzbach nach deßen wahren und archivmäßigen Beschaffenheit Anno 1751″

Allerdings übersieht der Autor, dass es sich bei dem Nürnberger Exemplar um das gesamte Fürstentum handelt, bei dem Ansbacher Manuskript lediglich um das Oberamt Ansbach. Interessant wäre es jetzt gewesen, diese beiden Exemplare miteinander zu vergleichen, ob sich nur der Titel oder auch der Inhalt unterscheidet – und wenn ja, wie? Dass sich in der Schlossbibliothek heute noch Material von Strebel erhalten hat, ist ja auch zu erwarten, war doch Strebel selbst Bibliothekar ebendieser markgräflichen Einrichtung.

Diese Unaufmerksamkeit von Andreas Rutz lässt sich erklären. Der Autor ist aktuell Lehrstuhlinhaber für sächsische Landesgeschichte an der Technischen Universität Dresden und mit der ansbachischen Markgrafengeschichte offensichtlich wenig vertraut. Dies zeigt sich auch, dass er den Namen des Markgrafen fast durchgängig falsch widergibt. Der Markgraf hieß Alexander im Gegensatz zu seinem Vater Carl, nicht Karl Alexander wie Rutz schreibt. Zwar wird in der älteren Literatur dieser Fehler oft begangen – wobei es dann immerhin Carl Alexander heißt, wie etwa bei Martin Krieger Die Ansbacher Hofmaler des 17. und 18. Jahrhunderts (1966) -, doch hat sich seit Günther Schuhmann Die Markgrafen von Brandenburg-Ansbach (1980) die Sache eigentlich erledigt.

Allerdings gibt es auch in der jüngsten Literatur einen anderen Fall von Falschbenennung. Susan Richter erfindet 2010 den Namen Friedrich Carl Alexander. Markgraf Alexander hieß mit vollem Namen Christian Friedrich Carl Alexander. So hat es Arno Störkel in seiner Biografie über den Ansbacher Fürsten 1995 auch richtig festgehalten. Beide Autoren, Rutz und Richter, kennen die Biografie von Störkel, da beide sie mehrfach zitiert haben, geben aber leider keine Erklärung für die jeweilige Namensänderung.

Wie kam nun Andreas Rutz zu seinem Gegenstand? In der Fußnote 51 seines Aufsatzes erschließt sich diese Frage. 2015 erschien in der Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte bereits ein Aufsatz von ihm mit dem Titel: Territorialpolitik mit Karten. Der Streit um die Landeshoheit zwischen Brandenburg-Ansbach und Nürnberg im 18. Jahrhundert. Tatsächlich diente die Anleitung also weniger der Prinzenerziehung, sondern der Territorialpolitik und der Territorialpropaganda. „Für Brandenburg-Ansbach erfüllten die Landesbeschreibungen und Karten also einen doppelten Zweck: Die hierdurch ermöglichte intime Kenntnis des Landes diente sowohl bei innenpolitischen Projekten als Entscheidungsgrundlage als auch der Abwehr auswärtiger Ansprüche.“ (S. 490) 1763 veröffentlichte der Nürnberger Verlag Homann Erben seine berühmte Karte Principatum Brandenburgico Onolsbacensem über das Fürstentum Ansbach, die sich auch im Vorsatz von Störkels Dissertation befindet. Interessant wäre jetzt gewesen, inwiefern sich der Streit um den Grenzverlauf Ansbach-Nürnberg in der Karte widerspiegelt.

In seinem Fazit kommt Andreas Rutz zu einem überraschenden Ergebnis. „Der geringe Stellenwert der Ökonomie in der diskutierten Lehrschrift ermöglicht eine genauere Charakterisierung der Prinzenerziehung in Brandenburg-Ansbach im 18. Jahrhundert.“ (S. 494). Wenn Strebel den Auftrag vom Markgrafen Carl hatte, seinem Sohn Alexander das beizubringen, was in seinen bisherigen Studium in Utrecht fehlte, dann mussten Fragen zur Ökonomie nicht mehr eigens diskutiert werden. Gerade deshalb war ja Alexander in Holland, waren doch die handelstreibenden Seemächte führend in der Marktwirtschaft und Motoren bei der Politik des Wirtschaftswachstums. Dass Alexander etwa 1748 die Porzellanfabik in Delft besichtigte (Störkel 1995, S. 23) und dann – kaum an der Regierung – zehn Jahre später 1758 selbst eine Porzellanfabik in Ansbach gründete – später verlegt nach Bruckberg -, ist doch ein deutliches Zeichen für die Bedeutung der Ökonomie im Markgraftum Ansbach im 18. Jahrhundert. Immerhin erkennt Andreas Rutz die Gründung der Porzellanfabrik als markgräfliche Leistung an.


ANDREAS RUTZ, „Von der nothwendigkeit und dem nutzen der erkenntnuß eines landes überhaupt“. Johann Sigmund Strebel und die Prinzenerziehung in Brandenburg-Ansbach um die Mitte des 18. Jahrhundert, S. 475-496, in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 2019, Band 82 [Heft 2], hg. von der Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie für Wissenschaften in Verbingung mit der Gesellschaft für fränkischen Geschichte und der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft, Verlag: C. H. Beck, München

Markgraf Alexander von Ansbach zu Triesdorf

Zwei Jahre nach dem Tod seines Vaters Markgraf Carl 1757 lässt sich Markgraf Alexander von Ansbach das 1730/1731 für seinen Vater erbaute Falkenhaus zu Triesdorf als Wohnhaus für sich und seine Frau Caroline Friederike von Sachsen-Coburg und Saalfeld sowie seinem Hofstaat umbauen. Aus dem Falkenhaus wird das Rote Schloss zu Triesdorf.


Der Hofinspektor Johann David Steingruber übernimmt dabei die Leitung des Umbaus persönlich, wobei die Arbeiten vor Ort durch den Maurermeister Knäulein beaufsichtigt werden. In seinem Dekret vom 8.10.1759 an das Bauamt wird befohlen, in „Triesdorff, ehe der Winter und Frost einbricht, im Falckenhauß aus Serenissimi Special-Befehl, das Zimmer der Frau Markgräffin Hochf. Durchl. zu 2 Cabineten nach der dem Maurermeister Knäulein mündlich ertheilten Anweisung mit Boißerie machen, und zwey Mäuerlein führen, den Alcoven aber zumauern und ein neu Fenster brechen laßen.“ (zit. nach Heinz Braun 1954, S. 144)

Markgraf Alexander zieht nach Triesdorf


Tatsächlich will der Markgraf Alexander schnell von Ansbach nach Triesdorf umziehen und treibt seinen guten Bauinspektor zur Eile an, wie Steingruber in seinem Promemoria vom 31.1.1760 notiert. Im Erdgeschoss des ehem. Falkenhauses wird ein Bad für den Markgrafen eingerichtet. Und im Audienzzimmer wird an die Stelle eines früheren Kamins eine Orgel aufgestellt, um dort bei Gottesdiensten und Konzerten zum Einsatz zu kommen. Auf Anweisung des Hofmarschalls wird daher „das in der Stadtkirchen zu Anspach auf dem Chor gestandene Positiv“ nach Triesdorf gebracht, wobei vorher die Orgel durch den Hoforgelmacher Prediger und den Hofschreiner Beyer überholt werden.

Im Sommer 1760 finden noch weitere Umbauten statt. Es wurden zwei Wände ausgebrochen, um ein großes Zimmer für die Marschallstafel zu erhalten. Auf der rechten Seite wurde eine Wohnung für die Oberhofmeisterin eingerichtet und auf der linken Seite eine Lakaienstube und eine Lakaienkammer. „Mit diesen Arbeiten kam die Umgestaltung des ehemaligen Falkenhauses zum fürstlichen Landschloß im Wesentlichen zum Abschluss“, schreibt Heinz Braun 1954 noch in seiner Dissertation.

Nach den neuesten Erkenntnissen, die im Zuge der Renovierungsmaßnahmen des Bezirks Mittelfranken aufgetreten sind (freundliche Mitteilung von Architektin Silke Walper-Reinhold, Ansbach), wird das Rote Schloss, wie das Falkenhause seit dem Umbau und Bezug durch die markgräfliche Familie und dem Hofstaat heißt, in den Jahren 1780/1781 noch einmal umgebaut und erheblich erweitert.

Das Rote Schloss zu Triesdorf (Rückseite) während der Fassadenrenovierung und Dachsanierung 2015.
Das Rote Schloss zu Triesdorf (Rückseite) während der Fassadenrenovierung und Dachsanierung 2015.

Das Rote Schloss wird auf beiden Seiten um jeweils zwei Fensterachsen verlängert, was dazu führt, dass die beiden zuvor sichtbaren Flügel des Schlosses verdeckt werden. Außerdem erhält das Rote Schloss einen Treppenrisalit mit Attika.

Ob diese Baumaßnahme mit dem Besuch des reisenden Malers Johann Jakob Grund zusammenhängt, lässt sich aktuell nicht feststellen. In seinem Buch „Malerische Reise eines deutschen Künstlers nach Rom“ lässt Grund jedenfalls das Rote Schloss sehr schlecht wegkommen.

So schreibt er in seinem Zwölften Brief: „Er [der Markgraf Alexander] selbst wohnt, mit seiner Gemahlin, in einem kleinen, äußerst engen, Hause, das Falkenhaus genannt, wo überdies die Hofdamen, Kammerfrauen, und andere männliche und weibliche Bediente, ihre Wohnung haben“ (Seite 108).

Zwar ist Grunds Reisebeschreibung im Briefform 1789 in Wien erschienen und somit nach der Erweiterung, des Schlosses.
Allerdings erwähnt der Autor in dem Text die Mademoiselle Clairon, die er beim Sammeln von „Blüthen von den Sträuchern“ im Triesdorfer Schloßgarten bei einem Spaziergang trifft. Im Erscheinungsjahr aber war die ehemalige Mätresse des Markgrafen schon längst von ihrer Nachfolgerin Lady Craven aus Triesdorf verdrängt – und auf ihrem Landsitz Issy bei Paris.

Quellen:

Heinz Braun, Triesdorf. Baugeschichte der ehemaligen Sommerresidenz der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach 1600-1791, Gunzenhausen 1954.
Johann Jakob Grund, Malerische Reise eines deutschen Künstlers nach Rom, Wien 1789 (Nachdruck o. O., o. J.)
Silke Walper-Reinhold, Vortrag vor dem Marktgemeinderat Weidenbach, Rotes Schloss Triesdorf, Sitzung vom 21.11.2017.