Der Falke in der Villa Sandrina zu Triesdorf

TRIESDORF – Der Falke wird aktuell in der Villa Sandrina in einer Bilderausstellung gefeiert. Gisela Kottsieper aus Ansbach zeigt mit ihrer Bilderausstellung LEBENDE WÄNDE Tiere und Menschen, die auch die beiden Markgrafen Carl und Alexander geliebt haben: Falken und Frauen. Er war die Lady Craven, die mit einer großen Opernaufführung am 23. Juli 1787 im Heckentheater zu Triesdorf ihren Einstand feierte. Bis zur Fertigstellung ihrer eigenen Schlossanlage Villa Rotunda, wohnte sie im Gasthof zum Alexander. Heute ist das Haus als Villa Sandrina bekannt.

Der Falke ist Teil der Bilderausstellung LEBENDE WÄNDE von Gisela Kottsieper in der Villa Sandrina zu Triesdorf. Foto: Gisela Kottsieper.

Markgraf Carl Wilhelm Friedrich gab 1730 den Auftrag, für die Falknerei in Triesdorf Falkenhaus zu bauen. Dieses Falkenhaus wird für seinen Sohn und Nachfolger Markgraf Alexander zum Wohnhaus: Das Rotes Schloss. Die bisherige Falknerei kommt dafür nach Weidenbach ins dortige Herrenhaus des mittlerweile als Gut Plein Desir bekannten Schlossanwesens. Erbauer dieser Anlage war der Obristfalkenmeister Ernst Wilhelm Anton von Heydenab.

Auf seiner Prinzenreise macht Markgraf Alexander 1749 in Brühl Station, um dort das Schloss Falkenlust des Kurfürsten Clemens August von Köln zu besichtigen. Über den Besuch des Erbprinzen schreibt der Reiseprediger ein eigenes Gedicht. Darin heisst es in der zweiten Strophe, wie es Adolf Lang in seinem Buch „Falkenjagd in Gunzenhausen“ 1979 schreibt:

Hillo!

Mein Falcken Lust! Gönne, vergönne die Freude;

Wir segnen dich zweymal, wir dencken an heute

Mit tausend Vergnügen nach Anspach zurück.

Die Heymat der Falcken; der Krähen, Milanen,

Der Reyher, der Sperber, der Hühner, Faßanen,

Und meisten der Haufen, so flüchtigen Glück.

Da pflegt man mit Paucken, trompentend zu schmaußen,

In Uffenheim, Röcking, im Rieß, Gunßenhausen,

Ach Falcken Lust! glaube! man findets nicht so!

Hillo! Hillo!

Dabei zitiert er aus einem Manuskript, welches er bei Rainer Graf von Seckendorff einsehen durfte. Die Veröffentlichung der gesamten Gedichtsammlung „Poetische Reyße Beschreibung des Durchlauchigsten Herrn Erb Prinzens nach Utrecht von H. W. Wolshofer“ ist derzeit als Teil der gesamten Prinzenreise in Vorbereitung.

Mit dem Auftrag der hat der Historische Verein für Mittelfranken den Stadtarchivar von Ansbach betraut. Wolfgang F. Reddig ist tatsächlich ein Nachfolger im Amt von Adolf Lang.

Eröffnung der Bilderausstellung ist am Donnerstag, 3. August 2023 um 19.30 Uhr in der Villa Sandrina zu Triesdorf. Anschließend ist die Exposition an allen Sonntagen im August von 14 bis 17 Uhr zu sehen. Veranstalter ist der Verein der Freunde Triesdorf und Umgebung. Eintritt ist frei.

Falkenjäger unter sich: Carl von Ansbach bei Clemens August von Köln in Brühl bei Bonn

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TRIESDORF/ALTENKIRCHEN

Falkenjagd  : Clemens August als Falkenjäger von Peter Jakob Horemans aus Schloss Augustusburg. Die Schlösser Augustusburg und Falkenlust in Brühl sind heute UNESCO-Welterbestätten. Foto: Horst Gummersbach.
Kurfürst Clemens August als Falkenjäger von Peter Jakob Horemans aus Schloss Augustusburg. Die Schlösser Augustusburg und Falkenlust in Brühl sind heute UNESCO-Welterbestätten. Foto: Horst Gummersbach.

Im Fürstentum Ansbach spielte die Falkenjagd eine herausragende Rolle. Bei der Hohen Beize, die allein dem Fürsten zustand, handelt es sich um die Jagd mit abgerichteten Raubvögeln, die hoch in der Luft andere Vögel von oben angreifen und nieder drücken und somit schlagen. Als besonderes Schauspiel war der Kampf zwischen dem Gerfalken (Islandfalke) und dem Graureiher hoch im Kurs. Es war Markgraf Carl Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach, der dieser sehr teueren und aufwändigen Jagdform sein Leben widmete. Dass die Kinder aus der Verbindung mit seiner Nebenfrau Elisabeth Wünsch den Namen Falkenhausen erhielten, können wir heute dafür als Beweis gelten lassen.

In seinem Buch „Fürstliche Jagd im barocken Franken“ (Verlag C. und C. Rabenstein: Bayreuth 2012) schreibt Arno Störkel:
„Carl Wilhelm Friedrich hatte bereits ein Jahr nach seinem Regierungsantritt ein volles Hundert Falken im Dienst. Er wurde charakterisiert als ein Mann, den man den ganzen Tag mit dem Falken auf der Hand sah; er beschäftigte ein halbes Hundert Mann – inklusive eines eigenen Falkenmalers – allein für sein Hobby und ließ es sich über 50.000 fl. (Gulden) im Jahr kosten. Die Priorität, die die fauconerie bei ihm an Aufmerksamkeit und Geld genoss, brachte ihm schon früh Probleme in seiner Ehe und sein Land schließlich buchstäblich an den Rand des Ruins.“

Sitz der ansbachischen Falknerei war zuerst Triesdorf und später dann zusätzlich Gunzenhausen.

War die Falkenjagd für den Markgrafen von Ansbach wirklich nur Hobby? Tatsächlich muss man den Markgraf als Fürsten betrachten, als Ersten Politiker seines Territoriums. Und die Falkenjagd war ein Mittel, um sich mit anderen Fürsten und anderen Politikern zu treffen und zu messen. Dass Markgraf Carl beim Besuch seines Schwiegervaters Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg und König in Preußen zu Triesdorf eine Falkenjagd veranstaltete, zeigt die Dimension der Unternehmung. Wahrscheinlich wollte Markgraf Carl seinem Schwiegervater dadurch verdeutlichen, dass die Führung im gemeinsamen Haus Hohenzollern noch nicht ausgemacht ist.

Am 1. August 1741 fiel die Grafschaft Sayn-Altenkirchen an das Fürstentum Ansbach. Die kleine Grafschaft im Westerwald kam aus einer Erbschaft weit entfernter Verwandten an den Markgrafen. Zur Huldigung fuhr Carl Wilhelm Friedrich selbst dorthin. Carl Heinrich Ritter von Lang schreibt in seinem Aufsatz „Geschichte des vorletzten Markgrafen von Brandenburg-Ansbach (Carl Brügel: Ansbach 1848) nahezu verwundert: „Der Markgraf selber begab sich am 5. Oktober von Triesdorf aus dahin, um am 7. Oktober die feierliche Huldigung einzunehmen, während die Markgräfin ihrem geliebten vaterländischen Berlin zueilte. Im Gefolge des Fürsten befanden sich die glücklichen Günstlinge, der Oberst=Reisestallmeister v. Schenk und der Falkenmeister v. Heidenab, der Sekretär Holle, der Kammerdiener Binder, der Kammer=Courier Ritter und der ehemalige Feuchtwanger Burgermeister und lustige Rath Wünschenmayer, der durch die Künste der Höflinge zum Narren gemacht, überall in einer ungeheuern Allonge=Perücke, und mit einem kolossalen Kammerherrnschlüssel und erdichteten Orden behängt, daher stolzierte. Am 15. Oktober wurde dem Kurfürsten von Köln ein Besuch in Bonn abgestattet.“

Bei dem ganzen Vorgang fällt auf, dass der evangelisch-lutherische Markgraf – selbst Bischof – und sein Falkenmeister Ernst Wilhelm Anton von Heydenab gemeinsam den Kurfürsten Clemens August von Baiern besuchen und somit den katholischen Erzbischof von Köln. Er, der Bruder des künftigen Kaisers Carl VII. und aus dem mit Hohenzollern und Habsburg konkurrierenden Haus Wittelsbach, war ein ebenso großer Falkner wie der Markgraf.

Leider wissen wir heute nicht, was während des ansbachischen Besuchs in Bonn besprochen wurde. Tatsache ist aber, dass das Jagdschloss Falkenlust des Kölner Kurfürsten und Erzbischofs Clemens August nur wenige Jahre vorher fertiggestellt wurde (1737). Architekt war der berühmte kurbayerische Hofbaumeister François de Cuvilliés. Es fällt schwer anzunehmen, dass die beiden Spitzenpolitiker sich nur über Falken und andere Vögel ausgetauscht haben. Wahrscheinlich wurde hierbei auch Politik gemacht und Beschlüsse besiegelt. Somit können wir der Falkenjagd einen staatstragenden Charakter zusprechen. Und den Markgrafen Carl als Staatsmann ansprechen. Denn gleichzeitig war die Ehefrau des Markgrafen, Friederike Louise, bei ihrem Bruder, dem König Friedrich II. in Preußen. Wahrscheinlich wurde hierbei auch nicht nur über die Musik gesprochen, sondern ebenfalls Politik gemacht. Alles ist Kultur, alles ist Politik.

Die Bedeutung der Falkenjagd in Triesdorf

Ansbach Die Falkenjagd des Markgrafen Carl Wilhelm Friedrich von Brandenburg Ansbach

„Den 29. July [1730] hielten sich ihro mayestet in Triesdorff annoch auff, funden den orth selbst wegen situation und der plantagen sehr angenehm. Divertierten sich nachmittag mit der falckenbeitz, aber nur dem herrn marggraffen von Anspach zu gefallen, als welcher sich in diese jagd so verliebet, daß er selbst einen falckenmeister mit abgibt und den vogel auf der hand führet.“

Das schreibt Friedrich Heinrich Graf von Seckendorff-Gutend, der kaiserliche Gesandte, über Markgraf Carl Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach an seinen Auftraggeber Kaiser Carl VI. von Habsburg nach Wien, als dieser König Friedrich Wilhelm I. in Preußen auf seiner Reise nach Süd- und Westdeutschland samt Entourage begleitete.
Bildlich festgehalten ist dieses Ereignis auf der bedeutenden Teetischplatte, eine Ansbacher Fayence der Grünen Familie, welche heute im Keramikmuseum Ludwigsburg – untergebracht im Neuen Corps des Logis des Schlosses – ein eher unscheinbares Schicksal fristet.
Es ist wahrscheinlich, dass Markgraf Carl seinem Hausmaler den Auftrag erteilte, anlässlich des Besuchs des frisch vermählten Herzogs Carl Eugen von Württemberg, ihm dieses Geschenk zu machen. Und dies 14 Jahre nach dem Ereignis.

Markgraf Carl bot seinen Besuchern mit der Präsentation der Falkenjagd in Triesdorf ein großartiges und denkwürdiges Ereignis.
Und diese waren damit offenbar wenig vertraut. Sie kannten nicht die Beschreibung der Falkenjagd des byzantinischen Kaisers Manuel I.  Komnenos (1143-1180). Und doch inszenierte der Ansbacher Markgraf zu Ehren seines Schwiegervaters dieses großartige Schauspiel, um zu zeigen, wer er ist und was er kann.

Er wollte seinen Standpunkt klar machen. Schließlich war er selbst Reichsfürst und wollte sich nicht dem preußischen König unterwerfen.
Mochte der König auch Schwiegervater und Gläubiger sein und der Markgraf Vollwaise, gerade volljährig und hoch verschuldet. Es war nicht der Markgraf selbst, der das Fürstentum an den Rand der Insolvenz trieb, vielmehr übernahm er das Markgrafentum Brandenburg-Ansbach von seiner Mutter Christiane Charlotte in finanziell äußerst desolatem Zustand. Schon sie begann mit dem Programm des Wirtschaftswachstums, war doch schließlich Wachstum das Konzept der Aufklärung.

Markgraf Carl war Unternehmer, investierte das Darlehen seines Schwiegervaters in seine diversen Projekte und benutzte die Falkenjagd, um sich im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation bekanntzumachen und zu positionieren.
Bei dieser Vorstellung dabei war übrigens auch der Neffe des Grafen Seckendorff, Christoph Ludwig von Seckendorff-Aberdar, der später der Projekte Macher des Markgrafen werden sollte.
Dass die Falknerei nicht lediglich sein privates Vergnügen war, welches Unsummen verschlang, also Sport, sondern auch ein Unternehmen war, welches Geld einspielen sollte, also Investition, soll hier lediglich als These aufgestellt sein.

Im Triesdorfer Heft Nr. 10 des Vereins der Freunde Triesdorf und Umgebung e. V. nähern sich eingängig Werner Mühlhäußer, Arno Störkel und Wolfgang Wüst dieser Frage aus unterschiedlichen Richtungen.
Jedenfalls bot die Falknerei (und das Gestüt) vielen Menschen Arbeit und gab diesen neue Hoffnung, wie eine exemplarische Untersuchung beim Bau des Pfarrhauses in Weidenbach 1740/41 zeigt. Diese Politik des schuldenbasierten Wirtschaftswachstums hält bis heute an. Dass Markgraf Carl letztlich mit seiner Politik insgesamt scheiterte, ist eine Tatsache. Allerdings: Scheitern kann nur, wer Pläne hat.

Seit 2016 gehört die Falkenjagd zum immateriellen Weltkulturerbe der UNESCO. In dem dafür ausschlaggebenden Gutachten, welches die Republik Österreich einreichte und die Jagdexpertin Sigrid Schwenk schrieb, wird jedenfalls auf den Beitrag des Ansbacher Markgrafen Carl Wilhelm Friedrich zur Falkenjagd ausdrücklich hingewiesen..