Markgraf Johann Friedrich und die neue Politik des Wirtschaftswachstums

Markgraf Johann Friedrich studierte in Straßburg und Genf und bereiste Italien, Frankreich und die Niederlande. Dort machte er sich offenbar mit der neuen Politik des Wirtschaftswachstums vertraut. Denn schon vor Aufhebung des Edikts von Nantes erteilte dieser Markgraf am 7. Mai 1685 dem Tapetenfabrikanten Michel von Claraveux aus Paris die Genehmigung, im markgräflichen Lusthaus zu Hennenbach eine Tapetenfabrikation einzurichten. Dazu gab es noch weitere staatlichen Subventionen wie Privilegien, Befreiung von Steuern und Einquartierungen sowie ein Darlehen (vgl. Haas 1970, S. 156f.).

Somit wird klar, dass die geplante Ansiedlung von Glaubensflüchtlingen aus Frankreich nicht aus Nächstenliebe geschah. Der Markgraf wollte mit den französisch-reformierten Protestanten gleichzeitig Unternehmer und Facharbeiter – und somit neue Industrien! – im Fürstentum Ansbach ansiedeln. Dafür plante er zudem die Erweiterung der Haupt- und Residenzstadt Ansbach um ein neues Quartier, der neuen Auslage.

Tatsächlich, schon wenige Tage nach der Aufhebung der Toleranzfreiheit in Frankreich, gab der Markgraf am 27. Oktober 1685 den Hugenotten das Recht, in Ansbach einen eigenen Prediger anzustellen. Nur wenige Wochen später – am 4. Januar 1686 – erhielten die in das Fürstentum Ansbach eingewanderten Francois de la Reglion Reformée das Recht, eine eigene Kirche zu bauen. Doch daraus wurde nichts.

Der Grund ist einfach: Markgraf Johann Friedrich starb bereits zwei Monate nach dem großem Privileg im Alter von 32 Jahren. Seine Kinder waren noch zu jung für die Übernahme der Regentschaft. Die Vormundschaftsregierung wollte die Réfugiés nicht in Ansbach haben. Offenbar scheuten die ansässigen lutherischen Protestanten die calvinistische Konkurrenz – religiös wie wirtschaftlich.

In seiner Beschreibung des Burggrafentums Nürnberg, unterhalb des Gebürgs; oder des Fürstentums Brandenburg=Anspach macht Johann Bernhard Fischer hundert Jahre später die Gegnerschaft ungenannter Ansbacher Pfarrer dafür verantwortlich: „Allein die Intoleranz, die damals besonders einigen Geistlichen eigen war, trieb die Unglücklichen doch noch 8. Stunden weiter in eine Landstadt!!“ (Fischer 1790, Bd. 1, S. 64 FN).

Johann Bernhard Fischer, Statistische und topographische Beschreibung des Burggraftums Nürnberg, unterhalb Gebürgs, Ansbach 1790 (Nachdruck Ansbach 2008)
Das zweibändige Buch Statistische und topographische Beschreibung des Burggraftums Nürnberg, unterhalb Gebürgs, von Johann Bernhard Fischer aus dem Jahr 1790 als Nachdruck des Verlags Alte Post Ansbach aus dem 2008.

Statt Ansbach, wurde also Schwabach der Standort der neuen Industrien. heißt. Es waren Hugenotten, die insbesondere die Goldschlägerei und Nadelfabrikation von Frankreich nach Franken mitbrachten – und somit im Ansbachischen ansiedelten. Noch heute bezeichnet sich Schwabach stolz als Die Goldschlägerstadt. Im Jahr 2021 feierte die Stadt Schwabach mit großem Aufwand den 300. Geburtstag des Schwabacher Wunderkinds Jean-Philippe Baratier, „Sohn eines reformierten Pfarrers mit französischen Wurzeln“ (Schwabach 2020, o. S.).

Literatur:

Johann Bernhard Fischer, Statistische und topographische Beschreibung des Burggraftums Nürnberg, unterhalb Gebürgs, Ansbach 1790 (Nachdruck Ansbach 2008)

Karl Eduard Haas, Die Evangelisch-Reformierte Kirche in Bayern, Neustadt an der Aisch 1970

Stadt Schwabach (Hg.), Jean-Philippe Baratier (1721-1740) – Das Schwabacher Wunderkind wird 300, Schwabach 2020, Faltblatt