Fürst Kraft Ernst zu Oettingen-Wallerstein im ansbachischen Exil

Ein Beitrag von Günther Grünsteudel, Universität Augsburg

UNTERSCHWANINGEN – Fürst Kraft Ernst (1748–1802; reg. seit 1773) regierte das kleine Fürstentum Oettingen-Wallerstein beinahe drei Jahrzehnte. Neben seiner Leidenschaft, Bücher und Kunstwerke aller Art im großen Stil zu sammeln, machte er vor allem dadurch von sich reden, dass er eine Hofkapelle unterhielt, die unter Musikfreunden wie Kritikern einen klingenden Namen hatte und deren bedeutendster musikalischer Leiter, Antonio Rosetti (1750–1792), zu Lebzeiten auch in den europäischen Musikmetropolen in einem Atemzug mit den wichtigsten Komponisten der Zeit genannt wurde. Zum benachbarten Ansbacher Hof bestanden – nicht nur in musikalischer Hinsicht – enge Kontakte.

Ab der letzten Dekade des 18. Jahrhunderts wurde ganz Europa von den kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen dem revolutionären Frankreich und wechselnden Koalitionen der übrigen europäischen Mächte erschüttert („Koalitionskriege“). Seit der Mitte der 1790er Jahre hielten französische Truppen zeitweise beträchtliche Teile Süddeutschlands besetzt. Zweimal sah sich Fürst Kraft Ernst in dieser Zeit gezwungen, außer Landes zu gehen. Beide Male zog er sich auf das Territorium des ehemaligen Fürstentums Ansbach zurück, das Markgraf Alexander (1736–1806; reg. seit 1757) 1791 zusammen mit dem Fürstentum Bayreuth gegen eine lebenslange Pension an Preußen verkauft hatte. Preußen seinerseits war seit dem Baseler Sonderfrieden von 1795 neutral.

Im Frühjahr 1796 überquerten französische Truppen den Rhein und im August standen sie an Oettingen-Wallersteins Westgrenze. Kraft Ernst floh ins sichere, nur wenige Kilometer jenseits der Grenze gelegene Röckingen am Hesselberg, wo er den Rest des Sommers über blieb und mit seiner Familie sowie Teilen des Hofstaats Schloss Schenkenstein bewohnte. Zwar zogen sich die fremden Truppen schließlich wieder zurück, doch was blieb, war die latente Bedrohung und eine politisch absolut instabile Lage.

Im Juni 1800 musste Kraft Ernst noch ein weiteres Mal vor den Franzosen außer Landes gehen. Mehr als zehn Monate bewohnte die fürstliche Familie das ehemals markgräflich ansbachische Schlossgut (Unter-) Schwaningen. Im Oktober komponierte Hofmusikintendant Ignaz von Beecke (1733–1803) eine Messe, auf deren erster Partiturseite er den genauen Entstehungszeitpunkt und die Zweckbestimmung seines neuesten Werkes notierte: „Missa fatta e finita il 22. d‘ottobre 1800 a Schwaning da me Beecke nel tempo de l‘Emigratione. per passar il tempo, e far Essequirla nel ocasione della pace, che desidera tutta La humanitá.“ (Übersetzung: Messe, komponiert und beendet am 22. Oktober 1800 in Schwaningen von mir, Beecke, während der Zeit der Emigration zum Zeitvertreib und um sie aus Anlass des Friedens aufführen zu lassen, den die ganze Menschheit herbeisehnt).

Der ersehnte Friede wurde erst mehrere Monate später Realität. Am 9. Februar 1801 unterzeichneten die Kriegsparteien im lothringischen Lunéville einen Friedensvertrag, der den zweiten Koalitionskrieg beendete und den Frieden von Campo Formio von 1797 bestätigte. Ende April verließ Fürst Kraft Ernst sein Exil in Unterschwaningen und kehrte nach Wallerstein zurück.

Beeckes Missa Solenne ist in der ehemaligen Hofbibliothek, die heute Bestandteil der Universitätsbibliothek Augsburg ist, erhalten geblieben. Einiges deutet darauf hin, dass es zu der vom Komponisten beabsichtigten Aufführung nach Friedensschluss tatsächlich gekommen ist. Ein vollständiger Stimmensatz, geschrieben von dem Wallersteiner Hofkopisten Franz Xaver Link (1759–1825), wird neben Beeckes autographer Partitur in der ehemaligen Hofbibliothek verwahrt. Aufgrund der Tatsache, dass die Mitglieder der Hofmusik nachgewiesenermaßen das fürstliche ‚Exil’ nicht teilten, fand diese Aufführung wohl aber in Wallerstein statt und nicht in Unterschwaningen.

Literatur:

Günther Grünsteudel, Wallerstein – das „Schwäbische Mannheim“. Text- und Bilddokumente zur Geschichte der Wallersteiner Hofkapelle (1747–1825), Nördlingen 2000

Volker von Volckamer, Aus dem Land der Grafen und Fürsten zu Oettingen – Kalenderbilder und Kalendergeschichten, hg. von der Fürstlich Oettingen-Wallersteinischen Gesamtverwaltung, Wallerstein 1995, S. 155.

aus: Günther Grünsteudel, Fürst Kraft Ernst zu Oettingen-Wallerstein im Unterschwaninger Exil, in: Johann Schrenk u. a., Geschichte der Gemeinde Unterschwaningen, Schrenk-Verlag: Gunzenhausen 2009, S. 149-151

Die Markgräfin Christiane Charlotte und ihr Erbprinz Carl Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach

Beitrag von Dr. Andrea Schödl, Tauberfeld

Das Markgrafenehepaar (Friedrich Wilhelm und Christiane Charlotte) hatte drei gemeinsame Kinder: Carl Wilhelm Friedrich (*12. Mai 1712, +3. August 1757), Eleonora Wilhelmina Charlotta (*20. August 1713, +12. Juli 1714) und Friedrich Carl (*25. September 1715, 8. Februar 1716). Nur der erstgeborene Carl Wilhelm Friedrich überlebte das erste Lebensjahr, die beiden jüngeren Kinder verstarben wenige Monate nach ihrer Geburt.

Die Reihe der Taufpaten fürstlicher Kinder ist meist sehr illuster. Christiane Charlotte beispielsweise konnte auf insgesamt zwölf hochrangige Paten zurückblicken. Dabei täuschen die großen Namen oft über die Sachlichkeit des Taufakts hinweg. Er fand wie beispielsweise bei Carl Wilhelm Friedrich im kleinsten Rahmen unmittelbar nach der Niederkunft statt. Lediglich das Markgrafenpaar, der Pfarrer und einige Hofbedienten waren anwesend.

Nur bei wenigen Fürsten sind Details des Taufaktes erhalten und möglicherweise ist die Schilderung dieses Vorgangs beim Ansbacher Erbprinzen einer kleinen Kuriosität zu verdanken. So verwechselte der Pfarrer die Reihenfolge der Namen des Ansbacher Erbprinzen: Eigentlich hätte er nach dem Kaiser Karl VI., dem preußischen König Friedrich I. Und seinen Vater Wilhelm „Carl Friedrich Wilhelm“ heißen sollen. Der Irrtum des Pfarrers entschied allerdings einen andere Reihenfolge, denn das Markgrafenpaar hielt die bei der Segnung genannte Namenskette bei.

Die Erziehung des Erbprinzen Carl Wilhelm Friedrich übernahmen – wie in den meisten fürstlichen Familien üblich – vom Markgrafenpaar ausgesuchte Lehrer: zunächst ab August 1715 der Rektor des Ansbacher Gymnasiums, Johann Andreas Uhl, dann ab Dezember 1717 Clausus Josias von Behr und schließlich ab Mai 1718 der Barockdichter Benjamin Neukirch. Mit dem sechsten Lebensjahr zog Erbprinz Carl Wilhelm Friedrich in das Barockschloss Bruckberg bei Ansbach um, wo er weiter unterrichtet wurde. Dort entwickelte Carl Wilhelm Friedrich, dem das Bücherstudium wenig entsprach, seine Liebe zur Natur und zur Jagd.

Ab Januar 1719 war Johann von Brehmer der Hofmeister des Erbprinzen. Er begleitete ihn auf den obligatorischen Bildungsreisen nach Holland (1725), nach Karlsbad (1726), nach Berlin (1727) und nach Frankreich (1728). Im Todesjahr seiner Mutter 1729 übernahm Carl Wilhelm Friedrich 17-jährig die Regierungsgeschäfte. Er ist bis heute wegen seines aufbrausenden und jähzornigen Charakters als „wilder Markgraf“ bekannt. Viele Schauergeschichten, die Mord und Totschlag nicht ausschließen, ranken sich um ihn. Auch wenn er politisch nicht unbedeutend war, fehlten seinen ökonomischen und sozialpolitischen Projekten im Vergleich zum strategischen Weitblick seiner Mutter die Größe.

aus: Andrea Schödl, Markgräfin Christiane Charlotte – Fürstin, Mutter und Frau, (=Sonderdruck Nr. 7 in der Reihe Triesdorfer Hefte des Vereins der Freunde Triesdorf und Umgebung e. V.), Triesdorf 2009, S. 14f.